EELS für anwendungsnahe Forschung zu Glas, Mikroelektronik, Photovoltaik, Photokatalyse und Elektrolyse

Eine neue Spektrometergeneration erweitert den Anwendungsbereich der Elektronenenergieverlustspektroskopie (EELS) auf bis zu 30 keV. Dieses Verfahren erlaubt sehr präzise und umfangreiche Materialanalysen, da EELS-Spektren vielfältige Informationen zu den in der Probe vorhandenen Elementen liefern, u.a. über deren Valenz und Wertigkeit. Anders als bei vergleichbaren Methoden wie etwa der Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) allerdings mit Ortsauflösung im Nanometermaßstab. Ein Gerät, das diese Möglichkeiten nutzt, ist als erstes seiner Art in Europa nun am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) in Betrieb. Das Forschungsteam nutzt die neuen Möglichkeiten für anwendungsbezogene Fragestellungen zu Gläsern, Glaskeramiken und Bauteilen aus Mikroelektronik und Photovoltaik.

TEM-Bild eines Silizium-Heterojunction (SHJ)-Kontaktstapels aus einer Solarzelle, getempert bei 170 °C (links). Das Bild zeigt eine Detailansicht der Ti/ITO-Grenzfläche. Im mit IL2 bezeichneten Bereich ist eine amorphe Zwischenschicht erkennbar.
© Fraunhofer IMWS
Die Abbildung zeigt die entsprechenden EELS-Daten. Mit dem am IMWS neu verfügbaren Gerät soll in Zukunft eine deutlich verbesserte spektrale Auflösung der EEL-Spektren die Aussagekraft solcher Analysen stärken – und das in einem deutlich größerem Spektralbereich als bisher möglich.

Die Elektronenenergieverlustspektroskopie (EELS) ist eine wichtige Analysemethode in der Materialwissenschaft. Sie ergänzt die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) - eine Methode der Elektronenmikroskopie, die eine besonders hohe laterale Auflösung bietet - um umfassende wertvolle Informationen zum untersuchten Material.

Wenn bei der Transmissionselektronenmikroskopie hochenergetische Elektronen durch eine dünne Materialprobe gelangen, verlieren sie durch Interaktion mit dem Material durch verschiedene Prozesse einen Teil ihrer Primärenergie. Der Energieverlust ist unter anderem abhängig von der chemischen Zusammensetzung, den Bindungszuständen und der Kristallstruktur des untersuchten Materials. Ihn zu analysieren, bietet damit Zugang zur Kenntnis dieser Materialeigenschaften – und das mit Ortsauflösung im Nanometerbereich. Mit dieser Technik können beispielsweise Defekte in Halbleitermaterialien erkannt oder Nanostrukturen in Glaskeramiken analysiert werden.

Traditionell war EELS aus technischen Gründen auf die Detektion von Energieverlusten mit weniger als 2 keV beschränkt. Das neu verfügbare Gerät hebt diese Einschränkungen auf. Mit einem am Fraunhofer IMWS neu vorhandenem, monochromatisierten und doppelt korrigierten high-end TEM (Spectra Ultra, Thermo Fisher Scientific), kann in Kombination mit einem innovativen Iliad-EEL-Spektrometer ein deutlich erweiterter Bereich von Energieverlusten bis zu 30 keV adressiert werden.

Im bis Juni 2027 laufenden Projekt »Ultimate EELS – Valenz, Koordination, Bandstruktur und Schwingungsspektroskopie auf atomarer Ebene« werden am Fraunhofer IMWS geeignete Use Cases entwickelt, um diese neue Methode für nanostrukturbasierte Materialentwicklung und Fehlerdiagnostik nutzbar zu machen. Der Fokus liegt dafür auf drei Themenfeldern mit hohem Anwendungsbezug:

  • Glas-, Keramik- und Emailcharakterisierung
  • Charakterisierung und Fehlerdiagnostik neuartiger mikroelektronischer Bauelemente wie Memristoren und Leistungselektronik-Komponenten
  • Analyse neuartiger Bauelemente der Photovoltaik, Photokatalyse und Elektrolyse (etwa TOPCon-Solarzellen, Tandemsolarzellen oder PEC-Zellen)

Zum angestrebten Kompetenzaufbau gehört auch die Entwicklung geeigneter Lösungen für die Probenpräparation.

»Für diese Fragestellungen haben wir jetzt optimale apparative Voraussetzungen. Das Projekt werden wir nutzen, um diese enorm wertvolle Erweiterung unserer technischen Ausstattung mit den entsprechenden Kompetenzen beim Einsatz der komplexen EELS-Technik zu untersetzen. Damit können wir unseren Auftraggebern völlig neue Möglichkeiten bieten«, sagt Dr. Christian Patzig, der das Projekt am Fraunhofer IMWS leitet.

(20. Oktober 2025)