Leistungs- und Transferzentrum Chemie- und Biosystemtechnik

Chemie 4.0 wird das zentrale Thema für die weitere Arbeit des Leistungs- und Transferzentrums Chemie- und Biosystemtechnik. Diesen Beschluss fasste das Direktorium des Netzwerks, in dem seit 2016 zahlreiche Einrichtungen der angewandten Forschung, Hochschulen und Universitäten sowie Forschungscluster und mehr als 60 Industrieunternehmen aus Mitteldeutschland zusammenarbeiten. Durch das Zusammenführen von erneuerbaren Ressourcen, Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft ergeben sich insbesondere für das mitteldeutsche Chemiedreieck neue Chancen.

Quedlinburg Nachhaltige Chemie
© Spitzencluster BioEconomy/Anne Beck
Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik tauschten sich beim Zukunftsdialog in Quedlinburg über neue Möglichkeiten der Chemie- und Biosystemtechnik aus.

Die Partner im Leistungs- und Transferzentrum Chemie- und Biosystemtechnik arbeiten beispielsweise an neuen Lösungen für den Einsatz nachwachsender Rohstoffe, den Leichtbau oder medizinische Anwendungen. Ihr Ziel ist es, Prozessketten vom Rohstoff bis zum Produkt zu erweitern und zu optimieren und somit die Wertschöpfung in der Region zu erhöhen. Zuletzt war die Arbeit des Netzwerks von einem Gutachtergremium positiv evaluiert und eine Verlängerung der Förderung bis mindestens 2021 beschlossen worden. Damit einher geht eine stärkere Fokussierung der Aktivitäten in Richtung zirkulärer Prozessketten und Chemie 4.0. 

»Die Digitalisierung ermöglicht in der Kunststoff verarbeitenden, chemischen, biotechnologischen und der biomedizinischen Industrie die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft, die auf erneuerbaren Ressourcen beruht. Das meinen wir mit Chemie 4.0. Mitteldeutschland hat eine sehr gute Ausgangsposition, um hier zu einer Modellregion zu werden, ein Leuchtturm in der Umsetzung der Chemie 4.0«, sagt Prof. Ralf B. Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) und einer der Direktoren des Leistungs- und Transferzentrums. 

Die Vorteile der Chemie 4.0: Durch die digitale Verknüpfung von Energie, Rohstoffen und Wertstoffen erhöht sich die Energie-, Ressourcen- und Prozesseffizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Was ein Unternehmen als Reststoff nicht nutzen kann, wird im anderen Unternehmen zum wertvollen Rohstoff. Durch die Kombination von Wiederverwendung, Recycling, energetischer Verwertung und biologischem Abbau können Stoffkreisläufe geschlossen werden und eine CO2-neutrale Wertschöpfung gelingen – eine nachhaltige Chemieindustrie. 

Plastikmüll ist ein sehr aktuelles Beispiel dafür: Er kann mit neuen Technologien als Kohlenstoffquelle für die Chemieindustrie erschlossen werden statt in den Meeren oder gar in der Nahrungskette zu landen. In zahlreichen Projekten arbeiten die Partner im Leistungs- und Transferzentrum an solchen und weiteren Lösungen für eine nachhaltige Chemieindustrie. »Die Unternehmen der Region sind in vielen Netzwerken bereits eng mit den exzellenten Forschungseinrichtungen verbunden. Verstärkt geht es dabei auch um die Frage, wie die Rohstoff- und Energieversorgung schrittweise auf eine nachhaltige Basis umgestellt werden kann. Antworten darauf finden wir am besten, wenn wir Grundlagenforschung, anwendungsorientierte Forschung und industrielle Entwicklung zusammenführen«, sagt Prof. Frank Emmrich,  Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI in Leipzig und ebenfalls Mitglied des Direktoriums im Leistungs- und Transferzentrum. 

Mitteldeutschland bietet dafür etliche Standortvorteile. Die Region ist ein Rohstoff-, Chemie- und Energiestandort mit über Generationen gewachsenen Kompetenzen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie und einem lebendigen industriellen Erbe. »Die Chemieindustrie ist Innovationsmotor für die gesamte Region. Mit dem Leistungs- und Transferzentrum unterstützen wir sie, die Chancen der Chemie 4.0 frühzeitig zu ergreifen und so ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern. Wir wollen lokale Rohstoffe für die regionale Industrie erschließen, um die dabei entstehenden Lösungen überregional verwertbar zu machen«, sagt PD Dr. Christian Growitsch, stellvertretender Leiter des Fraunhofer IMWS und Sprecher des Direktoriums des Leistungs- und Transferzentrums. »So stärken wir die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit insbesondere von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie möchten wir künftig noch besser beim Technologietransfer und Aufbau von Netzwerken unterstützen«, sagt Growitsch. 

Erfolgreiche Beispiele für Produktinnovationen, die im Rahmen des Leistungsz- und Transferzentrums Chemie- und Biosystemtechnik entstanden sind, wurden in der vergangenen Woche beim »Zukunftsdialog« in Quedlinburg präsentiert. Mehr als 70 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik tauschten sich dort zu ressourcenschonenden und energieeffizienten Prozessen, den Potenzialen der Chemie 4.0 und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit aus.