Bio-basierte Verpackungsnetze und Farbpigmente

Plastikfreie Verpackungsnetze für Obst, Gemüse und Weihnachtsbäume sind das Ziel eines neuen Projekts am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS. Gemeinsam mit Partnern will das Institut entsprechende Wachse, Farbpigmente und Compounds entwickeln, die bio-basiert und biologisch abbaubar sind. Bisherige Lösungen, die auf Basis von Erdöl hergestellt werden, könnten damit ersetzt werden.

© meshpack GmbH
Herkömmliche Verpackungsnetze sind häufig aus Wachsen auf petrochemischer Basis. Zusätzlich eingebrachte Modifikatoren und Farbpigmente bestehen ebenfalls aus Erdöl.
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Die Projektpartner wollen plastikfreie Verpackungsnetze aus Zuckerrohr-Bagasse für Obst und Gemüse erforschen.

Zwiebeln und Knoblauch, Kartoffeln und Avocados – solche Lebensmittel werden gerne in Netzen verpackt, ebenso wie Weihnachtsbäume. Bestandteil dieser Netze sind häufig Wachse, die für bessere Verarbeitungseigenschaften oder die gewünschte mechanische Performance sorgen können. Für die heute verfügbaren Netze werden dabei fast ausschließlich Wachse auf petrochemischer Basis genutzt. Zusätzlich kommen Modifikatoren und Farbpigmente zum Einsatz, die meist ebenfalls aus Erdöl hergestellt werden. Das führt zu einer negativen Ökobilanz und gesundheitlichen Risiken, zugleich tragen diese nicht biologisch abbaubaren Verpackungen zur Mikroplastik-Belastung bei.

Wachse auf Basis nachwachsender Rohstoffe können diese Probleme beseitigen, wenn sie bei der Verarbeitung und im Einsatz vergleichbar leistungsfähig sind und sich kostengünstig im großtechnischen Maßstab herstellen lassen. Dieses Ziel verfolgen Fraunhofer IMWS, Meshpack GmbH (Klötze), DEUREX AG (Elsteraue) und NIG Nahrungs-Ingenieurtechnik GmbH (Magdeburg) im gemeinsamen Projekt »Erforschung des Einsatzes von biologisch abbaubaren Wachsen als Eigenschaftsmodifikatoren in technischen Biopolymeren«. Als Rohstoff wollen sie Zuckerrohr-Bagasse erproben, den faserigen Rückstand, der nach der Extraktion des Zuckersafts aus Zuckerrohr übrig bleibt.

Bis die Bio-Wachse im Supermarkt vielleicht einmal Bio-Gemüse schützen können, sind allerdings etliche Herausforderungen zu meistern. So müssen die Projektpartner ermitteln, wie sich die molekulare Struktur der Wachse auf ihre Eignung zur chemischen Modifikation auswirkt, welche Verarbeitungsbedingungen für die Herstellung gewählt werden sollen und wie diese wiederum die tatsächlichen Eigenschaften der entstehenden Biopolymere beeinflussen. »Insbesondere die Fließeigenschaften in der Schmelze und die mechanischen Eigenschaften des entstehenden Werkstoffs wie die Reißfestigkeit, die letztlich über mögliche Anwendungsfälle entscheiden, müssen wir im Blick behalten. Auch die Überführung der Ergebnisse vom Labor- in den Industriemaßstab erfordert viel Kompetenz und kreative Lösungen«, sagt Dr.-Ing. Patrick Hirsch, der das Projekt am Fraunhofer IMWS leitet.

Bei DEUREX sollen zunächst spezifische biologisch abbaubare Wachse als Eigenschaftsmodifikatoren für die Herstellung von Verpackungsnetzen entwickelt werden, dabei setzen die Partner auf einen angepassten molekularen Aufbau. NIG steuert bio-basierte und biologisch abbaubare Farbpigmente bei. Beides wird vom Fraunhofer IMWS zu Compounds vereint, zunächst als Labormuster, später im Pilotmaßstab mit einem Gesamtdurchsatz von 50 bis 100 kg/Stunde. Die Compounds sollen dann bei Meshpack für konkrete Anwendungen wie Verpackungsnetze eingesetzt werden. Das Fraunhofer IMWS bringt dabei insbesondere seine Kompetenzen in der Doppelschneckencompoundierung bio-basierter Thermoplastwerkstoffe ein und wird auch ein kontinuierliches Dosiersystem entwickeln, damit beim Schmelzemischen mittels Doppelschneckenextruder stets die korrekten Anteile an Modifikatoren, Natur-Farbpigmenten und Wachs in die Matrix eingebracht werden, die aus geeigneten Biopolymeren (Polybutylensuccinate PBS, Polymilchsäuren PLA) bestehen wird.

»Wir streben eine möglichst große Variabilität für die Verarbeitung an, etwa Einstellmöglichkeiten für die Viskosität sowie die Möglichkeit zum Einbringen zusätzlicher Füllstoffe, ohne dadurch die biologische Abbaubarkeit zu beeinträchtigen. So soll auch die Produktion der neuen Bio-Wachse mit vorhandener technischer Ausrüstung möglich sein. Wir möchten für Hersteller also nachhaltige Drop-In-Lösungen anbieten«, sagt Hirsch.

Aus in der Region günstig verfügbaren Rohstoffen wie der Zuckerrohr-Bagasse und aufbauend auf Kompetenzen vor Ort werden so hochwertige Produkte für die Märkte der Bioökonomie, zumal sich für die im Projekt angestrebten Farbpigmente auf Basis von Pflanzenresten weitere Anwendungsfelder wie die Druckfarbenindustrie oder dekorative Kosmetik anbieten. Damit unterstützen die Projektpartner den erfolgreichen Strukturwandel in Mitteldeutschland.

Über BioZ – Biobasierte Innovationen aus Zeitz und Mitteldeutschland

Die Forschungsarbeiten zu biobasierten Weichmachern erfolgen im Rahmen des Förderprogramms »BioZ – Biobasierte Innovationen aus Zeitz und Mitteldeutschland«.

Das Projekt »BioZ – Biobasierte Innovationen aus Zeitz und Mitteldeutschland« verfolgt einen kooperativen Ansatz, um gemeinsam Entwicklungs- und Verarbeitungspfade für biobasierte Produkte und Dienstleistungen zu gestalten. Im Rahmen des Programms »WIR! – Wandel durch Innovation in der Region« wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Um die richtigen Partnerschaften zu finden, bringt BioZ alle Akteure an einen Tisch: Unternehmer, Industrieforschung, Wissenschaftlerinnen, Administration und Politik, Kreativwirtschaft und Organisationen der Zivilgesellschaft. BioZ baut auf vorhandenen Stärken der Region Zeitz und Mitteldeutschlands auf: Einer starken Agrarwirtschaft, leistungsfähigen Verarbeitern, einer ausgeprägten Lebensmittelindustrie, einer vielseitigen Chemieindustrie und einer der umfassendsten Forschungslandschaften der Bioökonomie. Bioökonomie ist ein Konzept, das die Erzeugung, Erschließung und Nutzung biologischer Ressourcen, Prozesse und Systeme umfasst. Innovative Produkte, Verfahren und Dienstleistungen werden entwickelt. Dabei basiert die Bioökonomie nachhaltig auf der Verwertung von regionalen, nachwachsenden Rohstoffen wie Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen und steht für den Schutz von Klima und Natur, die Ernährungssicherheit und neues Wirtschaftswachstum.