Leicht, robust und materialeffizient - dank Wabenkern

Die ThermHex Waben GmbH und das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS aus Halle arbeiten in einem gemeinsamen Forschungsprojekt an der Entwicklung serientauglicher Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren für Organoblech-Sandwich-Halbzeuge.

Wabenstruktur Firma Leichtbau
© ThermHex Waben GmbH

Kontinuierliche Herstellung von thermoplastischen Wabenkernen

Das patentierte ThermHex-Verfahren ermöglicht die kontinuierliche in-line Produktion von thermoplastischen Wabenkernen. In anderen Verfahren muss jede Lage der Waben einzeln von einem Block geschnitten und anschließend laminiert werden. Das macht die konventionellen Herstellungsmethoden von Wabenkernen aufwendig und teuer – bei ThermHex erfolgen alle Produktionsschritte innerhalb einer Produktionslinie.

Nach der Extrusion wird die Materialbahn dabei rotationsvakuumtiefgezogen, aufgefaltet, laminiert und auf die vom Kunden gewünschte Länge zugeschnitten. Mit der Produktionsanlage in Halle können Wabenkerne mit 3 bis 30 mm Dicke und einer individuellen Länge bis zu 6 Metern gefertigt werden, die Produktionsgeschwindigkeit reicht bis zu 10 Metern pro Minute.

Die Wabenkerne werden insbesondere von der Faserverbundindustrie zu Sandwichplatten und -bauteilen verarbeitet, die beispielsweise in Lkw-Aufbauten, im Automobilinterieur oder in Fertigbädern und in Schwimmbecken Anwendung finden.

Das Verfahren ist ressourceneffizienter und deutlich kostengünstiger als die herkömmlichen Verfahren zur Herstellung von Wabenkernen. Die ThermHex Waben GmbH kann durch dieses Verfahren Wabenkerne in großen Stückzahlen deutlich kostengünstiger produzieren und konnte seit dem Produktionsstart im Jahr 2010 ihr Produktionsvolumen mehrfach auf nun 500.000 m² steigern.

Zuletzt wurde im Dezember 2015 mit der Installation eines neuen Extruders mit höherem Durchsatz die Produktionskapazität für Wabenkerne nochmals verdoppelt. Damit verkürzen sich zum einen die Lieferzeiten für Kundenanfragen deutlich. Zum anderen ergeben sich Freiräume für zukunftsorientierte Entwicklungsprojekte und Innovationen, so zum Beispiel für ein gemeinsames Forschungsprojekt mit dem Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS. Dieses durch die EU im Rahmen des EFRE-Programms unterstützte Projekt hat die Erforschung der serientauglichen Herstellung und Verarbeitung von Organoblech-Sandwich-Halbzeugen zum Ziel.

Ebene Organoblech-Sandwich-Halbzeuge

Organoblech-Sandwich-Halbzeuge bestehen aus zwei sehr dünnen Lagen aus thermoplastischen Faserverbundwerkstoffen (Organoblechen), die  durch einen thermoplastischen Wabenkern auf Abstand gehalten werden, so dass eine hohe Steifigkeit bei minimalem Gewicht möglich wird, und zwar ohne zusätzliche Versteifungsrippen. Besonders kosteneffizient werden diese Halbzeuge dann, wenn sie in einem kontinuierlichen Prozess in-line auf den Wabenkern aufgebracht und mit diesem verbunden werden.

In weiteren Produktionsschritten werden diese dann zu Bauteilen weiterverarbeitet. Dazu werden sie beispielsweise umgeformt und durch Spritzguss funktionalisiert. Erst der kontinuierliche ThermHex-Prozess der Wabenproduktion in einer Produktionslinie ermöglicht die Herstellung von kosteneffizienten ebenen Organosandwich-Halbzeugen in einer durchgehenden Produktion, die das kontinuierliche Auflaminieren der Organoblech-Decklagen integriert. Mit einer automatisierten in-line Qualitätskontrolle können darüber hinaus kritische Qualitätsmerkmale im Prozess effizient überwacht werden.

Herstellung Fertigung Prozess Schema Darstellung
© ThermHex Waben GmbH
Automatisierte In-line-Produktion von Organosandwich-Halbzeugen.

Komplexe Sandwichbauteile aus der Spritzgussmaschine

Die Weiterverarbeitung der Organoblech-Sandwich-Halbzeuge kann für Großserienanwendungen im vollautomatisierten Hybridspritzgussprozess erfolgen. Dieses Verfahren, mit semikontinuierlicher Arbeitsweise, ermöglicht es in vier Prozessschritten, funktionalisierte Sandwichbauteile innerhalb kurzer Zykluszeiten verwertungsfertig herzustellen.

© Fraunhofer IMWS
Prozesskette zur Herstellung von thermoplastbasierten Leichtbaustrukturen im Hybrid-Spitzguss.

Die ebenen Sandwich-Halbzeuge werden zunächst kontaktfrei mit Hilfe von mittelwelligen Infrarot (IR)-Strahlern erwärmt. Diese ermöglichen eine präzise Steuerung des Wärmeeintrags und somit das Einstellen eines definierten Temperaturprofils über den Querschnitt der Halbzeuge. Das Matrixmaterial der Decklagen wird dabei über die Schmelztemperatur erwärmt, während der thermoplastische Wabenkern deutlich unter seiner Schmelztemperatur liegt und damit sein elastisch-plastisches Verhalten und seine Stabilität beibehält.

Nach Erreichen des für die Weiterverarbeitung optimalen Temperaturprofils im Halbzeug erfolgt das Einlegen des Sandwichzuschnittes in die Kavität der Spritzgussmaschine. Dieser Prozessschritt wird vollautomatisiert, schnell und mit hoher Präzision über einen Knickarmroboter durchgeführt. Dies sichert die Aufrechterhaltung des für die anschließende Umformung eingestellten Temperaturprofils im Sandwich während des Einlegeprozesses.

Das Warmumformen der ebenen Sandwichhalbzeuge zu schalenförmigen Strukturen erfolgt während der Schließbewegung des Spritzgusswerkzeuges. Hierbei überlagern sich Abgleitvorgänge zwischen den Fasern, innerhalb der Decklagen und im schmelzflüssigem Matrixmaterial sowie das plastische Verformen des Wabenkerns. Zur prozessnahen Untersuchung des Warmumformverhaltens in vertikaler Einbaulage wurde ein spezieller Versuchstand entwickelt. Dieser erlaubt eine differenzierte Untersuchung der Scherkräfte in den Laminateinzelschichten und im Sandwichverbund.

Nach vollständigem Schließen der Spritzgusskavität und mit Erreichen einer vordefinierten Schließkraft erfolgt das Funktionalisieren der umgeformten Sandwichbauteile im konventionellen Spritzgießzyklus. Dabei liegt der Fokus der aktuellen Untersuchungen auf der Entwicklung neuer Methoden zur wirtschaftlichen Herstellung von punktuellen sowie flächigen Fügestellen mittels Spritzgusstechnologie für thermoplastische Sandwichbauweisen. Derart funktionalisierte Sandwichbauteile lassen sich ohne zusätzliche Nacharbeit mit anderen technischen Komponenten oder Systemen, beispielsweise mittels Schraub- oder Nietverbindung, fügen und erhöhen somit das Potenzial zur Integration in bestehende Leichtbaulösungen, zum Beispiel in der Automobilindustrie. Die beschriebenen Entwicklungsschritte werden durch systematische experimentelle Studien sowie versuchsbegleitende numerische Analysen zum Umform- und Werkstoffverhalten unterstützt. Dieser Ansatz ermöglicht eine hocheffiziente  Entwicklung der notwendigen Grundlagenkenntnisse für die spätere Bauteil- und Prozessauslegung. Die Ergebnisse des Vorhabens sollen zum Ende der Projektlaufzeit im August 2017 an einer generischen Versuchsstruktur demonstriert werden.

Nutzfahrzeuge Leichtbau Einsatzmöglichkeit
© ThermHex Waben GmbH
Sandwichplatten mit Wabenkern kommen beispielsweise für Lkw-Aufbauten zum Einsatz.