Mehr Lichtausbeute in Solarzellen durch Plasmatexturierung von Siliziumnitrid

Zwei Wissenschaftler stehen vor einem Gerät
© Fraunhofer CSP
Im Reinraum arbeiten Projektleiterin Dr. Sylke Meyer und Mitarbeiterin Sahar Jafari (vorne) an der neuen Technologie.
Diagramm über Black Sin Projekt Sylke Meyer
© Fraunhofer CSP
Vergleich der globalen Reflexion zwischen einer unbehandelten Siliziumoberfläche (rot), sauren nasschemischen HF/HNO3 (schwarz), alkalischen KOH/IPA (blau) und einer Si-Plasmatextur (grün).

Um die Lichtreflexion zu verringern, werden Silizium-Solarzellen einer Oberflächenbehandlung überzogen. Einen neuen Ansatz verfolgt dabei ein Forschungsprojekt des Fraunhofer-Centers für Silizium-Photovoltaik CSP und der Hochschule Anhalt: Statt das Silizium selbst zu behandeln, könnte eine darüber liegende Schicht aus Siliziumnitrid (SiN) mit einem Plasma texturiert werden. Das könnte erstmals den Einsatz von Plasmatexturierung in der industriellen Solarzellenfertigung möglich machen.

Solarzellen sollen möglichst wenig Licht reflektieren, damit ein großer Teil der auftreffenden Lichtenergie in Strom umgewandelt werden kann. Um die Reflexion zu reduzieren, werden die Oberflächen von kristallinen Silizium-Solarzellen speziell angepasst. Üblich ist die nasschemische Texturierung durch Flusssäure/Salpetersäure (HF/HNO3) oder Kaliumhydroxid/Isopropylalkohol (KOH/IPA) zum Erzeugen von Oberflächenstrukturen im µm-Maßstab. Innerhalb dieser Strukturen wird das Licht mehrfach abgelenkt; Schichtdicke, Strukturbreite und Brechungsindex werden dabei so gewählt, dass eigentlich reflektiertes Licht wiederum in die Zelle zurückgelenkt werden kann. So lässt sich die Gesamtreflexion einer Solarzelle reduzieren. Bei einer unbehandelten Oberfläche werden – je nach Wellenlänge – zwischen 25 und 80 Prozent des eintreffenden Lichts reflektiert, nach der nasschemischen Bearbeitung liegen diese Werte deutlich niedriger.

»Diese Lösung hat allerdings eine natürliche Grenze durch die geometrische Optik: Weil die Breite der durch die Oberflächenbehandlung entstehenden Strukturen größer ist als die Lichtwellenlänge, lässt sich nur eine mittlere Verringerung der Reflexion erzielen«, sagt Dr. Sylke Meyer, Leiterin der Gruppe »Materialien und Prozesse« am Fraunhofer CSP. In einem gemeinsamen Projekt mit der Hochschule Anhalt will ihr Team bis Ende März 2020 eine andere Idee weiterentwickeln: die sogenannte maskenlose Plasmatexturierung von Silizium (»Black-Silicon-Method«). Statt mit nasschemischen Verfahren wird das Silizium dabei mit fluor- und sauerstoffhaltigen Plasmen behandelt. Auf der Solarzellen-Oberfläche entstehen Nanostrukturen, die kleiner als die Lichtwellenlänge sind. So werden nahezu »lichtschluckende« Oberflächen möglich.

Auch diese Methode hat allerdings mehrere Nachteile, insbesondere für die industrielle Fertigung von Silizium-Solarzellen. Durch die Plasma-Behandlung verschlechtern sich die elektrischen Eigenschaften und damit der Wirkungsgrad der Zellen, unter anderem, weil die Siliziumoberfläche einem Ionenbeschuss aus dem Plasma ausgesetzt wird, was die Lebensdauer der Ladungsträger verringert, und zudem während des Plasmaprozesses verunreinigt wird. Nicht zuletzt lässt sich das Verfahren kaum in die bereits extrem ausgereiften Produktionsprozesse der Solarindustrie integrieren, da zahlreiche Prozessparameter angepasst werden müssten, um plasmatexturierte Wafer nutzen zu können.

»Unser Ansatz ist deshalb, nicht das Silizium selbst zu texturieren, sondern eine darüber liegende Schicht aus Siliziumnitrid mit dem Plasma zu behandeln. So wollen wir die exzellenten optischen Eigenschaften der Plasmatextur erhalten, ohne dass die elektrischen Eigenschaften sich verschlechtern«, sagt Meyer. Diese Lösung ließe sich auch problemlos für die industrielle Solarzellenproduktion nutzen, weil dieser Schritt auch nachträglich mit einer fertigen Solarzelle passieren kann, ohne dass die dafür genutzten Anlagen umgerüstet werden müssen.

Für die Idee, eine auf dem Silizium abgeschiedene SiN-Schicht durch ein fluor-, wasserstoff-, kohlenstoff- und sauerstoffhaltiges Gasgemisch zu texturieren (»Black-Silicon-Nitride-Method«) hat das Projektteam einen Patentantrag eingereicht. Alle mit der Black-Silicon-Method verbundenen Probleme (Vergrößerung der Siliziumoberfläche, Ionenbeschuss, Verunreinigung) ließen sich damit umgehen. Die SiN-Schicht dient zugleich zur Oberflächenpassivierung und kann sogar genutzt werden, um neben der Lichtausbeute weitere Eigenschaften der Zelle zu optimieren, etwa die Stabilität gegen Defekte wie Potential-induzierte oder Licht-induzierte Degradation.

»Es gibt bereits einige Ansätze, wie im Labor die Nachteile der Plasmatexturierung von Silizium ausgeglichen werden. Diese sind jedoch zu aufwendig und teuer, um sie in der Industrieproduktion von Solarzellen umzusetzen. Wir wollen einiger dieser Ideen aufgreifen und für die Black-Silicon-Nitride-Method nutzbar machen«, erklärt Meyer.

Mit einer Machbarkeitsstudie haben die Forscherinnen und Forscher bereits nachgewiesen, dass sich auf der Siliziumoberfläche eine SiN-Schicht durch ein PECVD-Verfahren (plasma-enhanced chemical vapour deposition) abscheiden lässt, und dass diese anschließend durch einen maskenlosen Plasmaätzschritt texturiert werden kann, ohne das darunter liegende Silizium durch das Plasma zu schädigen. Im aktuellen Projekt gilt es, den Prozess für die Fertigung von 6“-Wafern mit einer homogenen Texturierung über die gesamte Oberfläche weiterzuentwickeln. Die Ergebnisse werden dazu beispielsweise mit Rasterelektronenaufnahmen der Oberflächenmorphologie des plasmatexturierten Siliziumnitrids analysiert.

»Das erlaubt uns Rückschlüsse auf die Ätzchemie, physikalischen Komponenten und die Reaktionskinetik. Daraus können wir optimierte Einstellungen beispielsweise für Druck, Gasflüsse und Temperatur während der Texturierung ableiten. Zusätzlich untersuchen wir die optischen und elektrischen Eigenschaften«, sagt Meyer. Ergebnis des Projekts soll ein Gerätekonzept für einen Prototypen zur industriellen Anwendung sein, der Prozessstabilität, Durchsatz und die Möglichkeit zur Integration in eine vorhandene Solarzellenproduktion berücksichtigt.