Prof. Ralf Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, ist mit einem Ehrenpreis für engagierte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Halle (Saale) ausgezeichnet worden. Er erhielt die Ehrung, die seit 2003 vergeben wird, im Rahmen eines Festakts. Die Laudatio hielt Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt.
Der Preis ist benannt nach einer Sage, die vom Besuch des Kaisers in Halle erzählt: Zu seinen Ehren hatten die Einwohner der Stadt eine Straße mit Rosenblättern geschmückt, über diese sollte der Kaiser in die Stadt reiten. Er wählte wegen eines Hochwassers allerdings eine andere Route. Auf dem mit Rosen bestreuten Weg kam stattdessen ein Müllerbursche mit seinem Esel daher – und wurde gefeierter wie ein Regent.
Die Legende wurde später uminterpretiert: Der Esel stand darin als Symbol für den Fleiß der Salzsieder. Sie nutzten die im städtischen Siedlungsgebiet liegenden Sole-Quellen, um Salz herzustellen, das vor allem im Mittelalter ein begehrtes Gut war. Weil diese »Esel« mit ihrer Arbeit die Stadt groß und reich gemacht haben, dürfen sie auf Rosen gehen. Ein entsprechendes Bild findet sich in der Fassade an einem Turm der Marktkirche der Stadt, noch bekannter ist die Statuette auf dem Eselsbrunnen auf dem Alten Markt in Halle, die ebenfalls dieses Motiv aufgreift.
Nach dieser Sage wurde der Bürgerpreis benannt, der von der Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung, dem Neuen Theater und der Volksbank Halle verliehen wird. Er geht an Bürgerinnen und Bürger aus Halle und dem Saalekreis, die sich – wie einst die Salzsieder – besonders um die Stadt verdient gemacht haben. Verliehen werden insgesamt drei Bürgerpreise, ein Publikumspreis, der Jurypreis sowie der Preis der Initiatoren.
Wehrspohn wurde mit dem Preis der Initiatoren geehrt. Der Physiker habe als Leiter des Fraunhofer IMWS und Inhaber des Lehrstuhls für Mikrostrukturbasiertes Materialdesign an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wichtige Impulse für die Stadt und die Region gegeben und auch dazu beigetragen, Halle überregional bekannter zu machen. Unter seiner Leitung hat sich die Belegschaft des Instituts seit 2006 verdreifacht, der Betriebshaushalt mehr als vervierfacht. Als Forschungspartner für die Industrie trägt das Fraunhofer IMWS erheblich dazu bei, Innovationen anzustoßen und umzusetzen und so die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen auch in der Stadt und der Region zu steigern.
Zuletzt hat sich Wehrspohn als Mitglied der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission »Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung« (Kohlekommission) dafür eingesetzt, beim Kohleausstieg sowohl auf die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie in Mitteldeutschland zu achten als auch durch Investitionen in neue Technologien die Zukunftsfähigkeit der Region zu sichern, bemerkte Ministerpräsident Haseloff in seiner Laudatio.
»Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung und danke den Initiatoren herzlich für diese Anerkennung. Sie ist ein Beleg dafür, wie hoch die Wissenschaft in Halle geschätzt wird, und sie zeigt auch, dass die Bürgerinnen und Bürger der Stadt erkennen, welchen Beitrag die Forschung für ihre unmittelbare Lebenswelt leistet. Ich möchte mich bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben, insbesondere natürlich bei den Mitarbeitenden des Fraunhofer IMWS und meinem Team an der Universität Halle«, sagte Wehrspohn.
Zu den früheren Preisträgern des Preises der Initiatoren gehören der ehemalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, Prof. Jörg Hacker, Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass, der Maler Willi Sitte und der Schauspieler Peter Sodann.
Die weiteren Preisträger des »Esels, der auf Rosen geht« in diesem Jahr sind Vanessa Homann, Vorsitzende des Tierschutzvereins Halle, der Musiker und Rechtsanwalt Reiner Schock, das Team des Wünschewagens des Arbeiter-Samariter-Bundes, das letzte Herzenswünsche von Menschen erfüllt, und Sabine Knöfel, die jährlich rund 200 Ratsuchende in einem Mehrgenerationenhaus zu Fragen im sozialen Bereich berät. Den Preis der Jury erhielt der Merseburger Altstadtverein.