TS-Moulding als vollautomatisierte Fertigungslösung

© Fraunhofer IMWS
Hybrider Fertigungszyklus von TS-Moulding zur großserientauglichen Fertigung endlosfaserverstärkter thermoplastischer Sandwichbauteile
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Aus 10mm hohem Organosandwich hergestelltes TS-Moulding-Versuchsbauteil mit thermogeformter Sandwichschale (weiß) und spritzgegossenen Funktionselementen (schwarz)

TS-Moulding ermöglicht erstmals eine vollautomatisierte Fertigung von thermoplastischen endlosfaserverstärkten Sandwichbauteilen mit Wabenkern in großserientauglichen Zykluszeiten. Die Abkürzung TS steht dabei sowohl für »Thermoplastic Sandwich« als auch für »Three Steps« im Thermoformprozess. Das Verfahren ermöglicht die Herstellung komplex geformter Sandwichbauteile bei hohen Prozessgeschwindigkeiten und vergleichsweise geringen Maschinenkräften. Die Schließgeschwindigkeit kann beim Warmumformen bis zu 80 mm/s und beim Pressen bis zu 30 mm/s betragen. Auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich einsetzenden Stabilisierungsphase (1 Sekunde) dauert die gesamte Formgebung damit nicht länger als drei Sekunden. Die geringe Dichte des Sandwichverbunds garantiert kurze Kühlphasen (10-15 Sekunden) zum Herleiten einer ausreichenden Strukturfestigkeit für den anschließenden Spritzgussprozess beziehungsweise zur direkten Bauteilentnahme ohne Spritzguss.
 

Der Thermoformprozess

Die TS-Moulding-Technologie basiert auf einem Thermoformprozess, der sich in zwei Hauptprozessschritte unterteilt:

  • Aufheizen des Sandwichverbunds mittels Infrarotstrahlung (IR)
  • Dreistufige Formgebung des Sandwichverbunds im Formgebungswerkzeug

Im Zuge des Thermoformens erfolgen zudem zwei automatisierte Transferphasen des Sandwichzuschnitts sowie eine abschließende Kühlphase der geformten Sandwichschale im temperierten Werkzeug.

Im Sandwichzuschnitt wird beim Aufheizen mittels Infrarotstrahlung ein thermischer Zustand eingestellt, der passend zum späteren Warmumformen und Pressen Flächenbereiche mit jeweils unterschiedlichem Temperaturniveau aufweist. Dazu werden warmumzuformende Bereiche im IR-Ofen mit Blenden kurzzeitig abgeschattet, während die übrigen Bereiche gleichmäßig und doppelseitig vom IR-Strahlungsfeld erreicht werden. Das aufgeheizte Halbzeug wird dann reproduzierbar und innerhalb weniger Sekunden ins Formgebungswerkzeug überführt, damit der für die Formgebung essentielle thermische Zustand erhalten bleibt. Beim Schließen des Formgebungswerkzeugs, das zweiseitig und mindestens einfachsegmentiert ist, erfolgt die Formgebung in drei Prozessschritten:

  • Warmumformen des Sandwichverbunds
  • Stabilisieren der warmumgeformten Sandwichbereiche
  • Pressen der restlichen Sandwichbereiche

Zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten für Bauteile werden möglich, wenn der Thermoformprozess mit dem Thermoplastspritzgießen kombiniert wird. Dieser hybride Fertigungsansatz ist mit TS-Moulding ebenfalls möglich. So entstehen Sandwichbauteile, die bekannte Funktionselemente der Sandwichbauweise (Inserts, Randversteifungen) ebenso ausnutzen wie Spritzgussapplikationen (Gehäuse an und in der Sandwichschale, Schraubdome). Werden IR-Aufheizen und kombinierte Formgebung mittels Spritzgussmaschine synchronisiert, kann die hybride Verfahrensvariante im Serienbetrieb eine Produktion von verwertungsfertigen Sandwichbauteilen in Zykluszeiten von unter einer Minute erzielen.
 

Das Werkzeugkonzept

Der TS-Moulding-Prozess erfordert einen speziellen Aufbau der eingesetzten Formgebungswerkzeuge. Dabei ist, wie bei vielen Press- und Spritzgusswerkzeugen, ein zweiseitiger, metallischer und temperierter Werkzeugaufbau nötig. Die formgebende Kavität befindet sich innerhalb der Trennebene beider Werkzeughälften. Der Werkzeugaufbau bei TS-Moulding weist mindestens eine Werkzeughälfte mit einer segmentierten Kavität auf, die ein selektives Warmumformen der Sandwichstruktur zum Pressen des Randabschlusses beim Schließen des Werkzeugs ermöglicht. Die Trennung beider Kavitätsbereiche ist so auszuführen, dass das Warmumformsegment translatorisch beweglich zur Werkzeugschließrichtung innerhalb der Pressform gelagert ist. Auch ein ausreichender Vorlauf zwischen beiden Kavitätsbereichen muss einstellbar sein, damit die dreistufige Formgebung funktioniert. Dieser Vorlauf ermöglicht im ersten Teil der Werkzeugschließbewegung das charakteristische Warmumformen des Sandwichverbunds selektiv zum anschließenden Stabilisieren und Pressen. Durch poröse Werkzeugeinsätze im Warmumformsegment wird das Stabilisieren und Konsolidieren der Deckschichten nach dem Warmumformen bzw. in der abschließenden Kühlphase zum Thermoformen ermöglicht.