Personalisierte Gefäßprothesen aus Biomaterialien

© Fraunhofer IMWS
Im Projekt entwickelt das Fraunhofer IMWS personalisierte Gefäßprothesen aus biokompatiblen Materialien wie Elastin, Kollagen und Chitosan. Mithilfe von 3D-Bioprinting und Elektrospinnen entsteht ein mehrschichtiges Implantat, das sich speziell für kleine Blutgefäße eignet und die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sicherer machen soll.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit die häufigste Todesursache. Besonders herausfordernd bleibt die Versorgung kleiner Blutgefäße: Konventionelle Prothesen aus PTFE-Kunststoffen stoßen an Grenzen. Das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) geht mit dem Forschungsprojekt »VasoPRINT« einen neuen Weg und möchte ein mehrschichtiges, biokompatibles Materialsystem für Gefäßprothesen entwickeln, inspiriert von der extrazellulären Matrix.

Um die bestehende medizinische Lücke bei der Versorgung kleiner Blutgefäße zu schließen, braucht es innovative Lösungen, die sich stärker am biologischen Vorbild orientieren und gleichzeitig technologisch präzise gefertigt werden können. Genau hier setzt das Forschungsprojekt »VasoPRINT« an. Es kombiniert modernste Fertigungstechnologien wie 3D-Bioprinting und Elektrospinnen mit einem intelligenten Materialsystem, das sich an der extrazellulären Matrix des menschlichen Gewebes orientiert. Ziel ist es, patientenspezifische Gefäßprothesen herzustellen, die insbesondere in kleinen Durchmessern unter acht Millimetern, aber auch für größere Blutgefäße, eine sichere und dauerhafte Versorgung ermöglichen. Die Prothesen sollen dabei nicht nur die Funktion des Bluttransports übernehmen, sondern aktiv zur Gewebeintegration beitragen und Komplikationen wie Thrombosen oder Entzündungen reduzieren.

Die technische Umsetzung basiert auf einem dreischichtigen Aufbau: Ein Nanofasermaterial dient als funktionaler Träger für Zellen, eine weiche Gelmatrix bildet die Gefäßwand, und eine integrierte Gerüststruktur sorgt für mechanische Stabilität. Als Ausgangsstoffe kommen ausschließlich etablierte Biomaterialien zum Einsatz: Elastin verleiht dem System Elastizität und Reißfestigkeit, Kollagen unterstützt die Zelladhäsion und Gewebeintegration. Für die elektrogesponnenen Nanofasern werden Chitosan und Gelatine implementiert, um gezielt die biologische Funktionalität zu erhöhen. Chitosan wirkt dabei antimikrobiell und antiinflammatorisch und kann gleichzeitig die Thrombogenität (also die Neigung zur Thrombenbildung) reduzieren. Gelatine verbessert die Verarbeitbarkeit und fördert zusätzlich die Zelladhäsion. Diese Materialkombination ermöglicht eine hohe Biokompatibilität bei gleichzeitig robuster und funktional abgestimmter Materialstruktur.

Das Fraunhofer IMWS bringt umfangreiche Expertise in der Entwicklung, Funktionalisierung und Charakterisierung proteinbasierter Biomaterialien ein, insbesondere zu Elastin und Kollagen. Es liegt eine etablierte Plattformtechnologie für elektrogesponnene, elastinbasierte Nanofasern vor, die nun auf Kollagen übertragen wird. Herzstück der technologischen Entwicklung sind ein Cellink Bio X-Bioprinter und ein Fluidnatex-Elektrospinnsystem, mit denen die unterschiedlichen Materialschichten präzise aufgebaut werden können. Am Fraunhofer IMWS wird darüber hinaus ein eigener Bioreaktor entwickelt, der die Untersuchung der Materialverträglichkeit unter definierten Bedingungen ermöglicht. Unterstützt wird die Entwicklung durch hochmoderne Analysegeräte, darunter ein Laser-Scanning-Mikroskop, ein Rasterelektronenmikroskop und ein Texture Analyzer.

»Im Projekt verbinden wir Elastin, Gelatine, Kollagen und Chitosan zu einem intelligenten, mehrschichtigen Materialsystem. Durch die Kombination aus 3D‑Bioprinting und Elektrospinnen entstehen personalisierte Gefäßprothesen, die besser verträglich sind, Komplikationen reduzieren und sich an die Bedürfnisse einzelner Patientinnen und Patienten anpassen, gerade bei kleinen Gefäßdurchmessern«, sagt Sofia Salazar Silva, die das Projekt am Fraunhofer IMWS leitet. Die Innovation des Projekts liegt nicht nur in der Materialkombination, sondern auch im Weg zur sicheren Anwendung: Die Mikrostrukturierung basiert auf bereits zugelassenen Biomaterialien, die chemisch angepasst werden (z. B. Methacrylierung). So könnten Zulassungshürden reduziert und die klinische Einführung beschleunigt werden.

Mit »VasoPRINT« entsteht in Sachsen-Anhalt eine zukunftsweisende Medizintechnologie, die die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Gefäßerkrankungen grundlegend verbessern kann. Durch die enge Verzahnung von Materialforschung, Biotechnologie und industrieller Anwendung leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der personalisierten Medizin – mit dem Ziel, lebensrettende Implantate präzise, verträglich und individuell herzustellen.

(27. Oktober 2025)